Über das Bücher kaufen
Kaufverbot - das habe ich mir jetzt auferlegt, ansonsten ist bald nicht mehr lesen, sondern kaufen mein Hobby. Konsum, Konsum, Konsum.
“buying books and reading books are two different hobbies”, sagt der Buchinfluencer Jack Edwards schon seit Jahren. Ein kultiger Spruch, den seine Community liebt und den ich auch immer lustig fand. Was dahintersteckt, habe ich so richtig jedoch erst gemerkt, als ich selber in die Online Community der Buchliebenden eingestiegen bin.
Ich könnte jetzt ein hochtrabendes Plädoyer gegen Kapitalismus schreiben und wie dieser in seiner late-stage Form, in der wir uns gerade befinden, jede Situation und Phase unseres Lebens versucht zu monetarisieren und wie dadurch Sachen wie die momentane Obsession mit Eras oder Ästhetetiken entsteht. Das erspare ich uns allen. Da gibt es Leute, die viel qualifizierter sind das zu tun. HIER oder HIER zum Beispiel. Ich kann nur über meine persönliche Erfahrung schreiben.
Eigentlich war ich der Auffassung, dass ich recht resistent gegen viele Trends bin und mich nicht so leicht mitreißen lasse.
Ist das gar nicht schlimm, sich mitreißen zu lassen und sagt nichts über den Charakter aus
denkt das vermutlich eh jeder und bemerkt es gar nicht
Ich bin BookToker, natürlich mache ich blablabla
Ich bin vor circa einem Jahr in die Book-Community eingetaucht. Ich war in einer Phase, in der ich frustriert war und ein kreatives Ventil suchte, dem ich mich widmen konnte. Gleichzeitig las ich zu der Zeit sehr viel, war aber unzufrieden mit dem Angebot an Content über Bücher, da es nicht wirklich Leute gab, die über die Bücher sprachen, die ich cool und interessant fand. Nach einer schnellen Marktanalyse (aka hunderte Stunden TikTok gucken), merkte ich, dass da eine Lücke für einen weißen, cis-Mann Ende 20 war. Spaß beiseite, mir fehlen die kognitiven Fähigkeiten, um so etwas zu durchschauen. Fakt war einfach, dass ich nicht den Content gefunden habe, der mir gefiel, weswegen ich mir dachte, dass ich es einfach selber mache. Zunächst bei Instagram und kurz darauf auch bei TikTok.
Recht schnell fand ich dort Anschluss und nachdem ich es mir für ein paar Monate vornahm mal richtig durchzuziehen, folgten mir auch immer mehr Leute dort. Dann bemerkte ich die Veränderung in meinem Kopf.
Ich setzte mich total unter Druck, weil ich auf der einen Seite den Anspruch hatte am besten JEDEN TAG (vollkommen Banane) ein Video hochzuladen, auf der anderen Seite aber offensichtlich niemals so schnell und viel lesen konnte - gerade mit einem Vollzeitjob - um diesen Output aufrechtzuerhalten. Dazu kam, dass ich durch den Druck keine Geduld mehr mit Büchern hatte. Wenn mich eins nicht sofort abholte, verlor ich schnell die Lust daran. Es war kein aktiver Gedanke, aber in meinem Hinterkopf schwirrte immer: “Wenn ich ein anderes lese, was mich abholt, kann ich schneller ein Video darüber machen.” Absoluter Vollschaden.
Anfangs war ich auch zurückhaltend mich in die Community so richtig zu integrieren. Ich dachte, ich mache einfach meinen Kram und gut ist. Aber, wenn man die Sache ernster nimmt, dann passiert es unweigerlich, dass man sich integriert. Und ich bin auch froh darüber, es gibt viele tolle Leute, die super nett sind, tolle, offene Einstellungen haben und sich für wichtige Sachen wie mehr Repräsentation in der Literatur einsetzen. Scrollt man aber durch TikTok sieht man oft Videos, von Leuten, die ihre Liebe zu Büchern bis an die Grenzen des Extremen treiben. Das kann für die Leute natürlich völlig fine sein, vielleicht lesen sie einfach sehr schnell, aber, wenn ich ein Video sehe von einer Person, die sagt “Ich habe diesen Monat 43 Bücher gelesen”, denke ich mir manchmal schon, was man davon denn hat. Hauptsächlich fühle ich mich dadurch aber als Content Creator unter Druck gesetzt, was absolut mein Problem ist.
Book Buying Ban
Ab und zu stößt man auch über einen Post, in dem eine Person deklariert, dass sie jetzt Bücherkaufverbot hätte. Als ich das das erste Mal gesehen habe, habe ich ehrlicherweise gedacht: Was für ein Quatsch, wie viele Bücher muss man den kaufen, bevor es ein Problem wird, so bin ich zum Glück nicht (foreshadowing).
Aber in den letzten Monaten geriet die ganze Sache auch bei mir außer Kontrolle. Früher ging ich gelegentlich (regelmäßig, aber gelegentlich) in den Buchladen und kaufte mir 1-2 Bücher, die ich fortan las. Ab und zu kam vielleicht noch eins aus dem Bücherschrank dazu. Dann wurden es Bestellungen bei Onlinehändlern, die gebrauchte Bücher verkaufen. Da waren es dann eher 4-5 Bücher pro Bestellung. Und letzte Woche kulminierte alles in einer Woche, in der ich vier Bücher online bestellte, eins ausgeliehen bekam und zwei im Laden kaufte, während ich effektiv keine 50 Seiten gelesen hatte in der gesamten Woche. Ich habe so viele Bücher auf meinem Stapel (oder wie man in der Szene sagt: SUB), dass ich bestimmt 1,5 Jahre über die Runden kommen würde, ohne ein Neues zu kaufen.
Von daher erlege ich mir jetzt einen deutlichen BOOK BUYING BAN.
Two Different Hobbys
Meine Intention hier ist auf gar keinen Fall irgendwas zu verteufeln oder irgendwen für sein/ihr Verhalten an den Pranger zu stellen. Die Videos, die ich in der Buchcommunity am meisten hasse, sind so Videos, in denen Leute, die viel älter sind als die Zielgruppe der Bücher, die sie besprechen bestimmte Genres und Trends auf TikTok zerreißen und als lächerlich und schlecht deklarieren. Lasst doch einfach alle lesen, was sie wollen. Ich bin auch kein Fan von bestimmten Büchern, aber das soll ich auch gar nicht sein, weil ich nicht die Zielgruppe bin. Ich glaube, das fällt vielen Leuten (gerade Männern) schwer zu akzeptieren: dass es Sachen gibt, die nicht für sie per se gemacht sind. Dazu gehören Taylor Swift und YA Fantasy Romanzen. Aber das heißt nicht, dass sie nicht wertvoll sind oder keine Daseinsberechtigung haben. Fängt man an diese Sachen zu haten, kommt dabei am Ende oft nur eins raus: Hass auf Sachen, die junge Mädchen mögen und das ist in der Popkultur einfach zu verankert, sodass Mädchen oft nichts gefallen kann, ohne, dass sie sich dafür rechtfertigen müssen oder ausgelacht werden von Älteren (Männern). Das können wir doch alle gepflegt sein lassen. Kurz abgeschweift, zurück zur Konsumkritik.
Klar, es ist geil, wenn man eine riesige Bestellung bei medimops aufgibt und dann ein paar Tage später zwanzig Bücher auspacken kann. Wenn man Content Creator ist, kann man sich auch noch sicher sein, dass man gute Aufrufe dafür kriegt. Auf meinem Kanal sind Hauls meist die verlässlichsten Videos, was das angeht. Aber gesund ist das doch irgendwie nicht, ich habe bei mir gemerkt, dass das viele Bücher kaufen mein Verhältnis zum Lesen komplett auf den Kopf gestellt hat und das würde ich gern wieder in Ordnung bringen. In einer Welt voller toller Sonderausgaben, Neuauflagen, Farbschnitten und anderen tollen Accessoires, die man zum Lesen haben kann, fällt es natürlich schwer sich zurückzunehmen, aber um ehrlich zu sein: wenn ich so weiter mache, habe ich bald kein Platz mehr in meinem Bücherregal. Dafür aber jede Menge in meinem Kopf, wenn ich nichts davon lese. Kein Appell an alle, nur ein Reminder an mich selbst.
Wie ist das bei euch? Schreibt mir gerne in die Kommentare, wie euer Verhältnis zu Bücherkonsum und der Book-Community allgemein ist. Ich freue mich auf eure Antworten :)
Zum Abschluss noch ein paar meiner liebsten Leute auf BookTok:
Mir geht es genauso ich hab die Regale voll und genug Lesestoff im Regal für 2 Jahre aber dann sehe ich wieder ein TikTok über ein Buch von dem ich denke das muss ich haben und pack es auf die „Wunschliste“ dann kommt noch hinzu das ich von meinem Chef jeden Monat einen 50€ Gutschein für Bücher bekomme entweder für Thalia oder Rebuy das macht das Kaufverhalten nicht besser weil es ja quasi umsonst ist. Aber ich hab mir jetzt vorgenommen bis zum Ende des Jahres kürzer zu treten. Ich habe ein paar Vorbestellungen wieder abbestellt und werde nur noch Bücher im Wert des monatlichen Gutscheins meines Chefs kaufen oder einfach mal sammeln und mir was anderes als Bücher davon kaufen. Inklusive dir mag ich die gleichen BookToker. Eine Menge Bücher die Chulia empfohlen hat sind in meinem Regal gelandet.