Was ich im Februar gelesen habe
Für mich ist es ein spannender Jahresstart, auch abseits des Lesens. Alles ist irgendwie anders!
Ich bin ganz ehrlich: Für mich sind es turbulente Zeiten. Seit Anfang Februar bin ich konstant in einem Strudel, der mich beflügelt und anschließend traurig macht. Wer die anderen Texte auf diesem Substack gelesen hat, weiß, dass ich seit diesem Monat nämlich beruflich selbstständig bin (yeah!). Das bringt natürlich viel Umbruch und Bürokratie mit sich, außerdem war Bundestagswahl. TROTZDEM muss man fast sagen, habe ich es geschafft zu lesen. Und das war schön.
Ray Bradbury - Fahrenheit 451
Wie so oft hatte ich die Ausgabe dieses Buchs schon länger in meinem Schrank stehen. Ich griff dann letztens dazu, aus dem simplen Grund, dass es so eine kleine Taschenausgabe ist, die perfekt die Brustinnentasche meiner Jacke passte. Und dann hat es mich total gepackt!
Wir treffen Guy Montag, einen Feuerwehrmann (an dieser Stelle: im Original heißt die Truppe Firemen - also Feuermänner - was ein passenderer Begriff ist), der mit großem Stolz seinem Job nachgeht. In dieser Version einer Gesellschaft löscht die Feuerwehr allerdings keine Brände, sondern sie zünden Sachen an. Und Sachen sind in diesem Fall Bücher. Bücher sind verboten und jeder, der mit Büchern erwischt wird, muss damit rechnen, dass die Feuermänner kommen und sie abfackeln. Guy trifft eine Person, die ihn seinen Job hinterfragen lässt, wird ein bisschen paranoid und als dann eine Frau so an ihren Büchern hängt, dass sie sich glatt mit verbrennen lässt, läuft bei ihm das Fass über.
Ein tolles dystopisches Buch über die Macht von Literatur, über Kapitalismuskritik, über das Problem der Massenmedien und konstanter medialer Beschallung und über das Handeln autoritärer Systeme. Geschrieben von Bradbury im Zuge der McCarthy Ära und der damit verbundenen Prosekution linker Kunstschaffender in den USA.
Katharina Feist-Merhaut - sterben üben (Rezensionsexemplar)
Ein Rezensionsexemplar, das ich vom Otto-Müller-Verlag bekommen habe. Ich darf noch nichts inhaltliches dazu sagen, aber ich es habe gelesen! Dementsprechend muss es hier auch auftauchen.
Grob geht es um eine Frau, die aus Angst vor dem Tod das sterben “üben” möchte. Deswegen begleitet sie ihre Großmutter in ihrem Alltag, beobachtet und befragt sie, schreibt Sätze auf, die sie für gehaltvoll hält. Dabei wird auch die Beziehung zu den anderen Großeltern aufgearbeitet und allgemein der Umgang mit Vergangenheiten analysiert. Es ist ein Buch über Empathie, Care Arbeit und das Tabuthema Tod.
Yanis Varoufakis - Technofeudalismus
Puh, ja damit habe ich mir mal wieder was eingebrockt. Ich stand in der Buchhandlung und habe dieses Buch gesehen und dachte: JA! BILDUNG! WAS LERNEN! und habe es gekauft.
Es ist ein Sachbuch von Yanis Varoufakis, seines Zeichens linker Politiker und ehemaliger Finanzminister von Griechenland (in meiner Wahrnehmung auch total lange, aber anscheinend war er nur circa sechs Monate Minister? krass). In diesem legt er in Form eines fiktiven Gesprächs mit seinem verstorbenen Vater dar, wohin sich der Kapitalismus entwickelt und welche Rolle die Techmilliardäre dabei spielen.
Seine Theorie besagt nun, dass der Kapitalismus momentan sein Ende findet und ersetzt wird durch etwas, was er “Technofeudalismus” nennt. Varoufakis erklärt, dass der Kapitalismus eigentlich schon seit der Finanzkrise 2008 im Sterben lag und spätestens durch die Corona Pandemie nun vollkommen erledigt ist. In unserem neuen technofeudalen System sind wir als Cloud-Bauern abhängig von unseren Cloud-Vasallen, die wiederum abhängig sind von unseren Feudalherren in Silicon Valley. Heißt: Milliardäre wie Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und Co. besitzen die Flächen im Internet, von denen andere abhängig sind, um ihr Geld zu verdienen. Das gibt es in verschiedenen Formen: ob du als App-Entwickler Prozente an Apple abdrücken musst, um deine App in ihrem App Store zu verkaufen, du einen Shop bei Amazon hast und Gebühr abdrücken musst oder ich in meinen YouTube Videos Werbung schalte und deswegen einen Prozentsatz an YouTube bzw. Google abgebe. Das nennt Varoufakis Cloud-Rente und ist der heiße Scheiß unter den Milliardären in Silicon Valley, die alles tun, um einen Ort zu schaffen, wo man ohne viel weitere Arbeit Rente von anderen Leuten beziehen kann. Deshalb nun auch naheliegend, dass Elon Musk aus genau diesem Grund Twitter gekauft hat: er hatte keinen Ort, an dem er diese Cloud-Rente beziehen konnte. Nach dem Vorbild chinesischer Milliardäre soll X nun zu einer One Stop Shop Plattform werden, auf der man Social Media, Bank, Shopping und co. in einer App vereinen kann (ähnlich wie WeChat). Das schöne daran: wenn Leute in jedem Aspekt ihres Lebens abhängig von deiner Plattform sind, dann muss man gar keine Produkte mehr verkaufen, spitze!
Das alles erklärt Varoufakis natürlich viel besser als ich und gibt dazu noch einen Abriss von der Geschichte des Kapitalismus, die ich sehr spannend fand. Man muss dazu sagen, dass seine Theorie nicht unumstritten ist, einige linke Intellektuelle widersprechen ihm und sagen, dass es einfache eine neue Form des Kapitalismus sei bzw. dass die Lösung nicht die Arbeit mit Regierungen sein kann. Ich fand seine Ausführungen eigentlich alle sehr plausibel (habe von Wirtschaft aber auch gar keine Ahnung). Am Ende einfach sehr inspirierend und gut um Sachen im Kopf zu ordnen, die momentan so in der Welt passieren. Zum Beispiel, warum sich jeder Silicon Valley Milliardär momentan an den amtierenden US-Präsidenten ranschmeißt (um schön unreguliert zu bleiben, denn das hassen libertäre Techarschlöcher).
Was habt ihr diesen Monat gelesen? Schreibt es mir gern in die Kommentare :)