Was ich im Januar (und Dezember) gelesen habe
Das Jahr 2025 startet mit einer großen Überraschung.
Letzten Monat ist es doch glatt passiert. Zwischen Weihnachtsstress und digitalem Stress, habe ich doch glatt vergessen den monatlichen Newsletter zu schreiben. Wobei ich es nicht vergessen, sondern einfach nicht gepackt habe. Sorry dafür! Deshalb bin ich euch auch noch ein paar Bücher schuldig, die ich zwar schon in Videoform besprochen habe, aber noch nicht hier. Also heute: die große XXL-Version von “Was ich im Januar (und auch im Dezember) gelesen habe”.
Dezember 2024
Paul Auster - Sunset Park
Ich habe den Dezember gestartet mit einem Roman, der mein liebstes Buch des Jahres werden sollte. “Sunset Park” hat Paul Auster bei mir als liebsten Autor zementiert, durch seine Fähigkeit komplizierte Beziehungen darzustellen und auszuarbeiten. Auch wenn es manchmal eine Zeit lang dauert, am Ende lohnt es sich meiner Meinung nach total und ich fühle immer sehr mit den Charakteren mit.
Unser Protagonist arbeitet zur Zeit der Finanzkrise 2009 in Florida als Umzugshelfer. Wobei Umzugshelfer der falsche Begriff ist, denn er räumt Häuser aus, die von ihren Bewohner*innen aus Geldnot verlassen wurden. Statt wie seine Kollegen die Habseligkeiten zu stehlen, fotografiert er sie. Eigentlich kommt er aber aus New York und ist seit Jahren auf der Flucht vor seiner Familie, da ihn eine große Schuld erdrückt, die mit dem Tod seines Bruders zu tun hat.
Ruth-Maria Thomas - Die schönste Version
Ich habe über dieses Buch super viel auf Instagram gesehen und jede Person, die es gelesen hat, schwärmte von der Großartigkeit dieses Buches. Deswegen war ich ein bisschen skeptisch und zurückhaltend. ZU UNRECHT. Das Buch ist genauso großartig wie alle sagen. Eine realistische Beobachtung der Erfahrungen, die viele Frauen zu dieser Zeit und auch heute machen bzw. gemacht haben. Schonungslos und einfühlsam zugleich, trifft genau die richtigen Töne zur richtigen Zeit.
Jella ist seit Jahren in einer Beziehung mit Yannick und darin auch generell sehr glücklich. Doch immer wieder streiten die beiden sich heftig, die Streits werden intensiver bis es irgendwann auch handgreiflich wird. Jella kann nicht fassen, was da passiert ist und lässt die gesamte Beziehung Revue passieren und folglich ihre gesamte Jugend und Erfahrungen mit Männern, die sie schlecht behandelten.
Colson Whitehead - The Nickel Boys
Dieses Buch steht seit Jahren in meinem Regal, aber ich habe es nie angerührt. Als ich dann vor ein paar Monaten den Trailer zur Verfilmung sah, packte mich die Lust. Zwischen den Jahren habe ich mir dieses grandiose Buch von Colson Whitehead reingefahren und war hellauf begeistert, der Plottwist am Ende hat mich einfach nur umgehauen. Die Geschichte generell macht einen wütend und traurig für die Personen, die all dies in echt erfahren mussten.
Unser Protagonist wird durch einen unglücklichen/willkürlichen Umstand verurteilt Schüler einer “Erziehungsanstalt” zu werden. In den Südstaaten der USA in den 60er Jahren ist dies kein wahrlich eine traumatische Erfahrung. Elwood kriegt Gewalt, Missbrauch und Rassismus bei seinen Mitschülern mit und erfährt es auch am eigenen Leib. Die Traumata, die daraus entstehen, verfolgen die Besucher dieser Anstalt ihr Leben lang, bis sie endlich Gerechtigkeit von der Regierung fordern.
Édouard Louis - Das Ende von Eddy
Auf “Das Ende von Eddy” habe ich mich schon lange gefreut. Es behandelt autofiktional die Geschichte von Autor Édouard Louis selbst, wie er im armen, ländlichen Teil Nordfrankreichs in einem kleinen Dorf aufwächst, wo Anderssein das Schlimmste ist, was einem passieren kann. Protagonist Eddy, der für seine Homosexualität bereits aufgezogen und gehänselt wird (von Fremden wie Familie), bevor er selbst davon weiß, versucht sich zunächst anzupassen und seine wahre Natur zu verbergen. Später einfach nur noch durchhalten bis er endlich weg kann. Louis beschönigt hier nichts, weder das Verhalten der eigenen Familie noch das unseres Protagonisten und haut sprachlich auch so auf die 12, dass einen manchmal der Ekel packt. Hat mich total umgehauen und war ein würdiger Abschluss für das Jahr 2024.
Januar 2025
Claire Keegan - Small Things Like These
Eine kurze Novelle, die auf wenigen Seiten wichtige Themen aufmacht und einen dann damit stehen lässt. Kurz nach dem Lesen war ich negativer eingestellt als mittlerweile, aber dennoch habe ich ein paar kleine Probleme mit diesem Buch.
Es geht um einen Kohleverkäufer in einem kleinen Dorf im Irland der 80er-Jahre. Dadurch, dass er das Dorf mit Kohle versorgt, kommt er besser über die Runden als viele Andere und kann sich und seine Frau und Töchter sehr gut ernähren. Eines Tages liefert er Kohle an eine kirchliche Einrichtung im Dorf und findet eine schreckliche Szenerie von Gewalt und Misshandlung. Wie dort in den “Magdalene Laundries” mit den jungen Frauen umgegangen wird, erschüttert ihn und bringt ihn zurück in seine eigene Kindheit. Er denkt über seine eigenen Töchter nach und lässt ihn an der Gemeinschaft im Dorf zweifeln.
Ein super wichtiges und interessantes Thema, das mich generell auch sehr in den Bann zieht. Allerdings braucht die Novelle meiner Meinung nach zu Lange, um so richtig zu dem Thema zu kommen, nur damit das Buch dann 10 Seiten später vorbei ist. Ich verstehe, dass es gerade bei dem Titel “Small Things Like These” beabsichtigt ist, dass die Belanglosigkeit des Alltags vor dem Hintergrund dieser Schrecklichkeiten einen Kontrast erzeugen sollen. Allerdings hätten 50 Seiten mehr dem Ganzen dann hintenraus noch gut getan finde ich. MEINE MEINUNG.
Han Kang - Die Vegetarierin
Im Zuge des Nobelpreises, habe ich mir auf der Buchmesse eine kleine Version dieses Buches gekauft. Ich wusste, dass viele dieses Buch verstörend finden, aber ich war trotzdem nicht darauf gefasst, was in diesem Buch passieren wird. Es gibt drei Teile, jeweils aus verschiedenen Perspektiven und an jeder Ecke, an jeder Seite wird man überrascht und hops genommen, zum Lachen oder Weinen oder Ekeln gebracht. Das Buch lässt nicht locker, vermittelt zwischen durch (absichtlich!) den Eindruck, als wüsste es selber gar nicht, wo es hin will und nailed die Landung am Ende wirklich beispiellos. Tolles Buch! Will gar nicht so viel zum Inhalt sagen, lest es einfach!
Ich verlinke euch hier noch mein Video, was ich in 2025 alles so lesen möchte :)