Der Juni war für mich ein Monat, geprägt von sehr viel Aktivität. Ich war so viel unterwegs, wie seit Ewigkeiten nicht mehr - sowohl beruflich als auch privat - und hatte eigentlich gedacht, dass ich nicht groß zum Lesen kommen werde. Dennoch habe ich mein übliches “Pensum” von zwei Büchern im Monat erreicht. Das scheint ungefähr die Anzahl zu sein, bei der sich mein Lesekonsum einpendelt in letzter Zeit.
Ich überlege, ob ich in diesen Newsletter nicht bloß Bücher aufnehmen soll, sondern auch andere interessante Stücke, die ich im Monat gelesen (oder vielleicht auch gesehen?) habe. Beispielsweise andere tolle Texte hier auf Substack, eine schöne Rezension bei Instagram, ein spannendes Essay in der New York Times oder ein fesselndes YouTube Video - es gibt zumindest einige Sachen, die mir in einem Monat so vor die Augen kommen und mich inspirieren oder nachdenklich stimmen. Schreibt mir gerne, was ihr davon haltet.
Nun zu den Büchern.
Joan Didion - The Year of Magical Thinking
Ich habe es in einer Instagram Caption bereits angedeutet: Joan Didion changed my life. Erstmal, weil jedes Bild, das ich von ihr sehe so unfassbar cool aussieht und sie eine Lässigkeit ausstrahlt, die ihres Gleichen sucht.
Viel mehr noch aber, weil ich “The Year of Magical Thinking” gelesen habe. Persönliche Essays sind eins meiner liebsten Genres an Büchern, sie vereinen oft Aspekte, die mich fesseln. Durch ihre Persönlichkeit sind sie authentisch und berührend. Dadurch, dass man weiß, dass die genannten Sachen wirklich passiert sind, stechen sie mich direkt ins Herz und halten oft mehr Gewicht als es Fiktion je könnte. Gleichzeitig merkt man durch sie auch, dass eine kitschige Floskel viel Wahrheit in sich trägt: “Das Leben schreibt die besten Geschichten.”
In “The Year of Magical Thinking” beschreibt Joan Didion wie ihr Ehemann nach 40 Jahren Ehe aus dem Nichts beim Abendessen einem Herzinfarkt erliegt und weg ist. Von jetzt auf gleich ist er nicht mehr da, ohne Vorwarnung, ohne Abschied. Einfach weg. Doch damit nicht genug, zum Zeitpunkt seines Todes liegt die gemeinsame Tochter auf der Intensivstation und es ist nicht klar, ob sie es überleben wird. Didion bringt in diesem Buch Trauer auf den Punkt. Die Gedanken, die sie äußert, sind nachvollziehbar, selbst, wenn es die Gedanken eigentlich nicht sind. Sie bringt das Irrationale am Trauern hervor, die Scham und die Wut, die man spürt, wenn eine geliebte Person stirbt. Für mich unvorstellbar, wie sich das nach 40 Jahren Ehe anfühlen muss. Mehr als einmal musste ich aufhören zu lesen, weil ich weinen musste durch den Gedanken, dass eine Person, die ich liebe nicht mehr da ist und ich nicht mehr mit ihnen reden kann.
Joan Didion hat mein Leben aber auch aus künstlerischer Sicht verändert. Mir fällt es oft schwer mich in meinen Texten verletzlich zu zeigen und nicht um den heißen Brei herumzuschreiben, aber sie tut es hier als wäre es das Einfachste der Welt und das bewundere ich. Für mich definitiv eines der besten Bücher, die ich bis jetzt lesen durfte. Absolute Empfehlung!
Heinrich Böll - Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Das andere Buch, das ich diesen Monat gelesen habe, war diese Buch von Heinrich Böll. Seit Jahren wird mir gesagt, dass ich mal was von ihm lesen soll und dieses Buch hat mich im Laden irgendwie angelacht (vor dem Buchkaufverbot, versteht sich).
Es handelt von der Katharina Blum, die durch verschiedene Umstände in einen Kriminalfall verwickelt wird. Für den Leser ist zunächst unklar, inwiefern sie schuldig oder unschuldig ist, doch es zeigt sich im Verlaufe des Buches immer mehr, dass dies eigentlich unerheblich ist. Denn Böll geht es hier nicht um Schuld oder Gerechtigkeit, er behandelt vielmehr die Rolle der Medien in solchen Fällen. Hier dargestellt durch die ZEITUNG, eine Boulevardzeitung, die verdächtig an eine reale Zeitung erinnert, die in Großbuchstaben geschrieben wird.
Katharina Blum wird von Tag 1 von der ZEITUNG schikaniert, die Reporter des Blatts gehen (literally) über Leichen und zerstören ihr Privatleben. Dies wird von der ZEITUNG so auf die Spitze getrieben, dass es irgendwann egal wird, wie das juristische Ende des Falls aussieht. Das Bild der Katharina Blum, wie es die ZEITUNG haben möchte, ist schnell gesetzt und lässt sich nun auch nicht mehr durch ein Urteil ändern. Das Leben von Katharina und auch den Leuten, die ihr nah sind, ist bereits für immer verändert.
Ich fand die Intention von Böll mit diesem Buch sehr gut und deutlich und ich finde auch, dass er es gut rüberbringt. Allerdings fand ich auch, dass der rote Faden an mancher Stelle verloren geht und Böll sich in der Metaebene verliert. Es gibt teils ganze Kapitel, die sich damit beschäftigen, wie das Buch selbst geschrieben ist und warum, die mich eher irritiert haben. Gleichzeitig war es mir dadurch und den Verlust des roten Fadens einfach ein bisschen zu lang - 30 Seiten weniger hätten es auch getan. Dennoch ein ganz interessantes Buch, dass noch immer aktuell ist und die Ehrlosigkeit der Boulevardpresse auf den Punkt bringt.
Was habt ihr diesen Monat gelesen? Schreibt es mir gerne in die Kommentare :)
Im Moment lese ich “Prophet Song” von Paul Lynch, der letztes Jahr mit diesem Buch den Booker Prize gewonnen hat. Es gibt keine Absätze oder Anführungszeichen in Dialogen und es ist in - für mich - anstrengendem poetischen Englisch geschrieben und dennoch holt es mich total ab. Es ist sehr fesselnd und erinnert mich an andere dystopische Romane wie 1984 oder Die Insel der verlorenen Erinnerung.
Abschließend möchte ich euch noch mein letztes YouTube Video verlinken und wünsche euch einen tollen Juli <3
Bücher sind für mich schon das Medium, welches ich am meisten konsumiere, aber wenn du auch andere zum Nachdenken anregende Inhalte teilen möchtest, würde ich diese Inspiration sicherlich auch schätzen. Bisher haben deine Empfehlungen mich jedenfalls nicht fehlgeleitet, im Juni las ich The descent of man und Jugend ohne Gott, beide gefielen mir sehr gut (in der genannten Reihenfolge). Ansonsten war ein weiteres Highlight Conversations on Love von Natasha Lunn.